Amazons verspätetes TikTok-Gebot
Der unwahrscheinliche Kauf könnte sich durchaus lohnen.

Die Deadline für den Aufschub des TikTok-Verbots rückt näher. Bis Samstag muss ein Plan für den Verkauf des US-Geschäft vorgestellt werden, sonst bleibt der Bann in Kraft. TikTok müsste dann wieder aus den App Stores verschwinden, und Oracle die Server abschalten, sofern sie sich dieses Mal daran halten. Alternativ könnte Trump den Aufschub erneut verlängern. Er hatte jedoch angekündigt, im Laufe des Mittwochs eine Lösung präsentieren zu wollen. Wie ihr aber wisst, ist heute schon Donnerstag, und man hat immer noch nichts aus dem Weißen Haus gehört. Wir dürfen also gespannt bleiben und den Newsticker heute etwas häufiger aktualisieren als sonst.
Obwohl es wahrlich nicht an möglichen Käufern mangelt, warf überraschenderweise gestern noch jemand seinen Hut in den Ring: Amazon. Warum so spät, weiß niemand. Aber wenn man darüber nachdenkt, würde eine Akquisition sehr viel Sinn ergeben. Bereits seit August 2024 besteht eine Partnerschaft zwischen den beiden Unternehmen, die es TikTok-Nutzern ermöglicht, Amazon-Produkte direkt in der Social-Media-App zu kaufen. Der Datenaustausch und die Priorisierung innerhalb der Werbeplatzierungen sind jedoch höchstwahrscheinlich eingeschränkt, da TikTok mit seinen eigenen Search Ad-Kampagnen und TikTok Shop in direkter Konkurrenz zu Amazon steht. Wenn man die Suchhistorie und Videointeraktionen auf TikTok mit Amazons Conversion-Daten verbinden würde, könnte man das Ad-Targeting auf beiden Plattformen sowie Amazons AI-Modelle erheblich verbessern und gleichzeitig einen der gefährlichsten Wettbewerber ausschalten. Amazon hatte zwar versucht, mit „Inspire“ selbst im Social Commerce Fuß zu fassen, hat den Feed jedoch kürzlich nach etwas über zwei Jahren wieder eingestellt.
Es gibt aber vielleicht noch einen weiteren Grund, warum TikToks 170 Millionen US-Nutzer für Amazon von Interesse sein dürften: Um neue Zielgruppen und Inventar für ihr eigenes stagnierendes Werbegeschäft zu erschließen. Laut einem Bericht von The Information hat dieses mit hoher Sättigung zu kämpfen:
The revenue growth from those types of ads is slowing in the U.S. as they saturate more of Amazon’s site, said Richard Kramer, an analyst at Arete Research in London. There were on average 20 ads on a single page of Amazon search results in the first half of 2024, compared to 10.8 in the same period a year earlier, according to data from retail advertising technology company Pentaleap.
Kramer added that Amazon’s sponsored products ad business has more room to grow in international markets, where fewer merchants are buying these promotions.
One likely reason Amazon is jamming more ads into its website is that the number of visitors to it has plateaued, which limits one avenue of growth for its sponsored products ad business. About 2 billion people visited Amazon’s website in February 2025 in the U.S., a 3.5% decline compared to the same month last year, according to estimates by Similarweb, a data intelligence firm that measures web traffic.
Even with the proliferation of Amazon ads, media buyers say there isn’t enough ad inventory, causing prices to go up as brands bid for the most desirable search keywords. For some brands, those rising prices, along with other seller fees, have made Amazon too expensive.
Die Folge ist, dass Werbetreibende ihr Budget auf andere Plattformen verlagern. Wie TikTok. Das ist nicht nur schlecht für Amazons Umsatzwachstum, sondern auch für ihren Profit. Werbung hat mit Abstand die höchste Marge, sogar noch weit vor dem ebenso lukrativen Cloud-Geschäft. Gemäß einer internen Analyse von The Information lag die Gewinnmarge von Amazons Werbegeschäft im Q1 2022 bei horrenden 95%. Das übertrifft sogar die Google-Suche. Die Analyse zeigt außerdem, dass das amerikanische E-Commerce-Geschäft ohne Werbung nicht einmal profitabel wäre. Im gleichen Quartal hätte Amazon in den USA 2,97 Milliarden Dollar verloren, wenn die Werbeeinnahmen dies nicht ausgeglichen und zu einem Gewinn von 1,6 Milliarden Dollar geführt hätten.
Trotz allem glaube ich nicht, dass Amazon eine realistische Chance auf den Deal hat. Oracle verhandelt seit Monaten zusammen mit der Trump-Administration und ByteDance. Diesen zeitlichen Vorsprung können sie auch mit einem signifikant höheren Gebot nicht mehr einholen. Und ja, Jeff Bezos und Trump sind sich mittlerweile wieder grün(er), aber der Oracle CEO Larry Ellison fährt immer noch auf der Innenbahn. Er hat Trump schon während seiner ersten Amtszeit unterstützt und ist am 500 Milliarden Dollar Stargate-Deal beteiligt, den Trump sich ebenfalls gerne auf die Fahnen schreibt. Nicht zu vergessen, dass Amazon aufgrund seiner Marktposition die Aufmerksamkeit der FTC auf sich ziehen würde. Diese wird aller Voraussicht nach auch unter Trump ihre Antitrust-Untersuchungen nicht vollständig einstellen.